Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

DOs und DON’Ts beim Aufbau eines Franchise-Systems

Michaela Jung: Guten Morgen sehr
geehrte Live-Chatteilnehmer, ich freue mich auf einen spannenden Chat und Ihre
Fragen rund um die DOs und DON’Ts zum Aufbau eines Franchise-Systems, Ihre
Michaela Jung

Leser: Liebe Frau Jung, ich arbeite für ein
Start-up Unternehmen in der Modebrache. Es ist geplant, die Präsenz in
Deutschland auszubauen (das Unternehmen sitzt in Norddeutschland), allerdings
nicht mit eigenen Filialen. Doch ist Franchising das Richtige für das
Unternehmen? Wie finde ich heraus, welches System (Handelsvertreter-oder
Lizenzsystem, Alleinvertrieb oder Franchising) für das Unternehmen am
sinnvollsten ist?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, die Fragen, die Sie sich stellen sollten, sind einerseits
“wie wichtig ist das eigenständige Agieren / das Unternehmertum des
Verantwortlichen vor Ort?”, “wie wichtig ist Systemkonformität, Definition und
Einhaltung von Qualitätsstandards?”, und andererseits auch “welche Investitionen
können Sie als Unternehmen tätigen für den Aufbau eines deutschlandweiten Netzes
(Filialen sind kostenintensiv – im Franchising teilen sich Franchise-Geber und
Franchise-Partner die Kosten)?” und “wie weit ist das notwendige Know-how schon
standardisiert für die Übertragung?”

Leser: Guten Morgen, liebe Frau Jung! Wie
ausgefeilt muss eine Geschäftsidee sein, damit Aussicht auf eine erfolgreiche
Franchisierung besteht?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, es ist wichtig, dass die Erfolgsfaktoren eines Unternehmens
wirkliche ERFOLGSfaktoren sind und das bedeutet, erprobt an mindestens 1-2
Standorten für mindestens 1-2 Jahre. Genug Zeit für den zukünftigen
Franchise-Geber also sein Konzept zu vervollständigen, eventuelle Lücken zu
schließen, Fehler zu korrigieren und das notwendige Know-how so zu
standardisieren, dass es an X-Standorten umgesetzt werden kann.

Leser: Hallo Frau Jung! Unter welchen
Bedingungen sollte ein erfolgreicher Einzelunternehmer sein Geschäftskonzept zu
einem Franchisekonzept weiterentwickeln?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, oft kommt die Anfrage von außen. In der Beratung erlebe ich
oft, dass sich Unternehmer melden und sagen, dass Interessenten angefragt
hätten, die das Konzept gerne an einem anderen Standort, in einer anderen Region
oder sogar in einem anderen Land umsetzen möchten. Erfolg bringt
Nachahmer!

Leser: Welche Qualifikationen muss ein
Franchise-Geber mitbringen, damit er den Herausforderungen einer professionellen
Systemsteuerung gewachsen ist?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, Franchise-Geber brauchen einerseits genügend manpower, um
die Vereinbarungen “der 1. Stunde” mit den Franchise-Interessenten einzuhalten
und den Prozess der Rekrutierung professionell abwickeln können. Nichts ist
enttäuschender, wenn man sich als Interessent bei einem Franchise-Geber meldet
und dann Unterlagen nicht folgen, Gesprächstermine vergessen werden, etc.
Gleichzeitig braucht der Franchise-Geber für diesen und alle anderen Prozesse in
einem Franchise-System einmal das Know-how für die Übertragung “nach außen” auf
den Franchise-Partner (mit Hilfe des Franchise-Handbuches und des
Franchise-Intranets) und gleichzeitig das Know-how “nach innen”, nämlich klare
Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Team der Franchise-Zentrale
(oft wird dieses Wissen im sogenannten Prozesse-Manual gebündelt).

Leser: Mich würde interessieren, ob ein
Franchise-Konzept Alleinstellungsmerkmale aufweisen muss, um gegenüber dem
Wettbewerb zu bestehen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, meist ist es so, dass Franchise-Systeme nicht mehr bzw.
auch nicht weniger Alleinstellungsmerkmale mitbringen als andere Unternehmen.
Jedoch im Gegensatz zu Einzelunternehmen gelingt es Franchise-Systemen durch
“die Kraft der Gruppe”, Synergiepotenziale durch Arbeitsteilung,
Spezialisierung, Gemeinsamkeit, … freizuschalten (etwa in den Bereichen,
Marketing, Know-how-Übertragung, Produkte, Weiterentwicklung, Organisation,
…), die zahlreiche kleine Wettbewerbsvorteile darstellen und in Summe den
einzelnen Franchise-Partnern und damit auch das gesamte Franchise-System
erfolgreicher machen.

Leser: Liebe Frau Jung, welche Komponenten
eines neuen Franchisekonzeptes betrachten Sie selbst als erfolgsentscheidend?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, die Basis jeden Franchise-Erfolges ist, dass der
zugrundeliegende Betriebstyp erfolgreich ist -> Franchising macht nicht
erfolgreich, Franchising multipliziert Erfolg. Aufbauend auf dem Betriebstyp
braucht es ein Franchise-Leistungspaket, das maßgeschneidert diejenigen
Leistungen beinhaltet, die die Franchise-Partner für ihren persönlichen Erfolg
benötigen, also etwa: geschützte Marke, Know-how-Dokumentation,
Franchise-Vertrag, Qualitätsstandards und -überprüfung, fundierte Aus- und
Weiterbildung, Wirtschaftsplanung, Controlling und Benchmarking, ausgereifte
Produkt-/DL-Palette und Weiterentwicklung etc.

Leser: Gibt es auch Franchise-Systeme, die
eine Me-too-Strategie verfolgen und sich z.B. über eine Kostenführerschaft im
Markt durchsetzen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, die Franchise-Wirtschaft folgt keinen eigenen
Gesetzmäßigkeiten, sondern ist ein Spiegel der Gesamt-Wirtschaft, in der immer
wieder Me-too-Konzepte auftauchen und mit mehr oder weniger Erfolg am Markt
tätig sind. Über Kostenführerschaft allein erfolgreich zu sein ist meiner
Meinung nach sehr hart und gelingt in der jeweiligen Branche meist nur 1-2
Unternehmen langfristig. Ich setze lieber auf Qualitätsführerschaft.

Leser: Für welche Mindestausstattung an
Personal, Technik und Tools muss in einer jungen Systemzentrale unbedingt
gesorgt werden? Was lässt sich zu Beginn an Dienstleister outsourcen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, erfahrungsgemäß starten Franchise-Zentralen immer wieder
als “1-man/woman-shows”; d.h. der Franchise-Geber ist Franchise-Manager,
Partner-Manager etc. in Personalunion, vielleicht unterstützt durch eine
(Halbtages-)Kraft in der Organisation. Je mehr Franchise-Partner in das
Franchise-System kommen, desto wichtiger ist es, dass klare Prozesse und
Zuständigkeiten im Team der Franchise-Zentrale dafür sorgen, dass die
Franchise-Zentrale “klein und fein” (und damit kostendeckend bzw. auch
gewinnbringend sein kann) und nicht mit jedem neuen Franchise-Partner ein neuer
Mitarbeiter eingestellt werden muss. Bereiche, in denen externe Unternehmen Ihre
Dienstleistungen für die Franchise-Partner besser d.h. effizienter bzw.
kostengünstiger (bei gleicher Qualität!) erbringen, können ausgelagert werden,
etwa Store-Design, Teile der Aus- und Weiterbildung, Buchhaltung, Controlling,
Qualitätskontrolle…

Leser: Meine Frage bezieht sich auf ein noch
früheres Stadium: Welcher vorbereitender Maßnahmen bedarf es für den Aufbau
eines Franchisesystems?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, in der ersten Stufe geht es sicherlich um
Wissensaneignung über Franchising, sei es mittels Literatur, Hören von
Franchise-Vorträgen, Besuch auf Franchise-Veranstaltungen / Messen, Recherche im
Internet (etwa Franchiseportal, Websites der Franchise-Verbände), Teilnahme an
der “Schule des Franchising” des DFI … und auch um den Erfahrungsaustausch mit
bestehenden Franchise-Gebern. Mit der Wissensaneignung kommt dann die Frage nach
der Franchise-Eignung des Unternehmens. Dieser Fragen stellen wir uns bei Syncon
mit unseren Kunden im Rahmen eines 1-tägigen Franchise-Strategie-Workshops, in
dem wir die Franchise-Eignung feststellen und danach das
Franchise-Leistungspaket erarbeiten. Leser des Buches “Fairplay Franchising” von
Waltraud Martius können sich als Goodie die Checklisten zur Feststellung der
Franchise-Eignung kostenlos downloaden.

Leser: Anhand welcher Art von Kriterien würden
Sie die Zielgruppe festlegen, die für ein Franchise-System als Partner in
Betracht kommen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, das Anforderungsprofil an zukünftige Franchise-Partner ist
so individuell wie das Franchise-System, zu dem es passen muss. Was jedoch immer
wiederkehrende Anforderungen sind (unabhängig von Branche und fachlicher
Qualifikation) sind: Unternehmertum, Fähigkeit Mitarbeiter zu führen, stark im
Vertrieb, lokal vernetzt, fähig als Teil eines Franchise-Netzwerkes zu agieren
… auch ein gewisses Maß an Eigenkapital (meist 20-25% der Investitionssumme)
ist oftmals Teil des Anforderungsprofils. In der Beratung empfehlen wir die
Unterteilung in persönliche, fachliche und finanzielle Anforderungen an den
zukünftigen Franchise-Partner.

Leser: und in welcher Phase des Aufbaus eines
Franchisesystems sollten wir die Gebühren für künftige Partner ermitteln? Wie
würden Sie dabei in der Praxis vorgehen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, spätestens wenn Sie an der Modellvarianten für die
Wirtschaftsplanung des zukünftigen Franchise-Partners arbeiten, stellt sich die
Frage nach den Gebühren, da diese Teil der Planung sind. Um sich an die
Franchise-Gebühren schrittweise anzunähern, ist es sinnvoll zu schauen, was denn
der Franchise-Wettbewerb in der eigenen Branche für Franchise-Gebühren
verrechnet. Gleichzeitig erkennen Sie in der Wirtschaftsplanung für den
zukünftigen Franchise-Partner, wieviel an Franchise-Gebühren Sie monatlich
verlangen dürfen, damit Ihre Franchise-Partner wirtschaftlich überleben können,
Ihr Franchise-System am “Markt der Franchise-Existenz” attraktiv bleibt und Ihr
zukünftiger Franchise-Partner letztendlich immer noch mehr verdient, als wenn er
klassischer Einzelkämpfer wäre.

Leser: Gibt es organisatorische Probleme, die
regelmäßig in jungen Systemzentralen auftreten und beim Systemaufbau frühzeitig
gelöst werden sollten?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, meist wachsen Franchise-Zentrale chaotisch und nicht
strategisch. Um in der Franchise-Zentrale effizient und kostendeckend bzw. auch
gewinnbringend arbeiten zu können ist es wichtig, dass keine Doppelarbeiten
erfolgen bzw. noch schlimmer, Arbeiten für die Franchise-Partner gar nicht
gemacht werden. Um das zu verhindern ist es sinnvoll von Anfang an ein
Prozesse-Manual zu erstellen, in dem (personenunabhängig) die Zuständigkeiten
und Arbeiten nach Funktionen(etwa: Ausbildung, Marketing, Controlling, Produkte,
Ladenbau, Franchise-Management, Partner-Management, etc.) festgelegt werden. Im
Franchising sprechen wir von 4 großen zeitlichen Prozessen: Rekrutierung,
Anbindung, laufende Partnerschaft und De-Rekrutierung – für jeden dieser
Prozesse erbringt jede Funktion verschiedene Arbeiten, die genau im
Prozesse-Manual definiert sind (inklusive eventueller Schnittstellen und Nennung
der notwendigen Tools zur Umsetzung).

Leser: Über wie viel Kapital sollte ein
Franchisegeber beim Start seines Systems in der Gastronomie-Branche mindestens
verfügen, um etwaige Durststrecken bei der Franchisenehmer-Gewinnung
durchzustehen?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, um diese Frage zu beantworten, nehmen wir uns in der
Beratung meist einen ganzen Tag Zeit, um das sogenannte wirtschaftliche Modell
für den Franchise-Geber zu erarbeiten. Was jeder Franchise-Geber benötigt und in
das er investieren muss sind: Know-how-Dokumentation, Franchise-Vertrag und
Instrumente für die Umsetzung (Franchise-Intranet, Rekrutierungsstrategie und
-instrumente, Marketingkonzept und -instrumente, Wirtschaftsplanung,
Controlling-Tool, Kennzeichnungselemente für das Outlet,
Standortanalyse/-beurteilung, Konzept für die Einrichtung- und Ausstattung
etc.). Wieviel davon haben Sie bereits entwickelt und so standardisiert, dass
Sie es jemand anderem übergeben können zur Umsetzung? Erfahrungsgemäß sind
zukünftige Franchise-Geber fit in allen Bereichen rund um das Kernprodukt bzw.
die Dienstleistung, jedoch brauchen wir im Franchising noch weitere Bereiche,
die entwickelt, standardisiert und dann erst multipliziert werden können. Die
Kosten für all diese Entwicklungsschritte können sehr unterschiedlich ausfallen,
bewegen sich aber sicherlich zwischen EUR 50.000,– und 150.000,–

Leser: Die von Ihnen vorgesehenen
Anforderungskriterien für künftige Franchisenehmer leuchten mir ein. Doch was
ist bei der Auswahl zu beachten?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, wichtig ist, die ersten Franchise-Partner sind für Sie
und Ihr Franchise-System die wichtigsten, denn sie dienen allen zukünftigen
Franchise-Interessenten als Referenz! Und gerade bei den ersten
Franchise-Partnern sind viele Franchise-Geber verführt, Abweichungen vom
Anforderungsprofil zu machen, um endlich (!) den 1. Franchise-Partner zu haben
(überspitzt formuliert: kein Kapital? egal, die Region passt nicht? egal, der
Standort ist nicht besonders geeignet? egal, der Franchise-Interessent möchte
unterschreiben? hurra!). Denken Sie daran “you never get a second chance to make
a first impression” – das gilt für Franchise-Interessenten genauso, wie für Sie
als Franchise-Geber. Und: Vielleicht finden Sie einen Franchise-Interessenten
besonders sympathisch, weil Sie Ähnlichkeiten / Gemeinsamkeiten entdecken?
Vorsicht: Sie suchen ja keine neuen Franchise-GEBER, sondern neue
Franchise-PARTNER und das Anforderungsprofil an Sie als Franchise-Geber ist
nicht deckungsgleich mit dem Anforderungsprofil an Franchise-Partner. Bei der
Auswahl ist es auch oft hilfreich, 6-Augen-Gespräch zu führen, also Sie, jemand
aus Ihrer Zentrale und der Franchise-Interessent, so dass Sie sich danach
austauschen und Eindrücke besprechen können.

Leser: Zeichnen sich aufgrund aktueller Trends
neue Wachstumsfelder im Franchising ab?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, Sie meinen in Bezug auf die Branche? Wie auch in der
Gesamt-Wirtschaft hält in der Franchise-Wirtschaft der Trend weiter in Bezug auf
Dienstleistung an (insbesondere alles, was uns Zeit erspart: Lieferservice,
Service rund um Haus und Garten, Pflege / Betreuung von alten und kranken
Menschen), alles rund um Kinder, Gesundheit / Wellness / Fitness und auch
Haustiere. Einen guten Eindruck von den aktiven Branchen erhalten Sie etwa im
FranchisePORTAL oder auch in Publikationen wie dem “Verzeichnis der
Franchise-Wirtschaft”.

Leser: Mit wie vielen Franchise-Nehmern sollte
der Praxistest erfolgen? Kann eine kürzere Testphase im Franchising angesetzt
werden, wenn das zugrundeliegende Geschäftskonzept bereits von einem
Einzelunternehmen im Ausland erfolgreich umgesetzt wurde?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, mit Erfahrungswerten aus dem Ausland wäre ich vorsichtig.
Da brauchen Sie sicherlich eine Test- und Adaptierungsphase im Inland. Generell
empfehlen wir (in Abstimmung mit den Richtlinien der Franchise-Verbände) eine
Pilotierungsphase mit mindestens 2 Standorten über mindestens 2 Jahre. Es ist
für Sie als Franchise-Geber wichtig, Sicherheit zu haben, dass Ihr Konzept
ausgereift ist und erfolgreich funktioniert, ansonsten multiplizieren Sie mit
jedem neuen Franchise-Partner nicht nur Ihre Erfolgsfaktoren, sondern auch Ihre
Schwachstellen und damit auch die Probleme im Franchise-System.
Selbstverständlich können auch die Pilotpartner schon Franchise-Partner sein,
allerdings tragen diese ein erhöhtes Risiko und haben meist auch
Sonderkonditionen in der Franchise-Partnerschaft. Franchising bedeutet
Weitergabe eines erprobten Konzeptes – diese Sicherheit brauchen Sie als
Franchise-Geber und diese Sicherheit erwarten Ihre Franchise-Partner.

Leser: Worauf ist bei der Finanzierung des
Partnerbetriebes und der Ermittlung des Kapitalbedarfs künftiger Partner zu
achten? Welche Unterstützung kann der Franchisegeber dabei leisten?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, als Franchise-Geber stellen Sie Ihrem zukünftigen
Franchise-Partner ein Muster für seine Wirtschaftsplanung zur Verfügung,
basierend auf den realen Zahlen aus bestehenden Standorten (idealerweise in den
Varianten best case, real case, worst case), üblicherweise auf 3-5 Jahre (bzw.
in Relation zur Laufzeit des Franchise-Vertrages) geplant. Mit der
Musterrechnung und den Zahlen aus bestehenden Standorten erstellt Ihr
Franchise-Partner dann die Berechnung für seinen individuellen Standort.

Leser: Liebe Frau Jung, müssen Franchisegeber
die Effizienz ihrer Prozesse laufend überprüfen? Wie sollte dies geschehen?
Worauf ist besonders zu achten?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, in der Idealvariante sollte immer bei Veränderung eines
Prozesses in der Franchise-Zentrale auch das Prozesse-Manual aktualisiert
werden. In der Realität des Arbeitsalltags findet das meist nicht statt, sondern
im Bestfall 1 x jährlich, bzw. anlassbezogen, etwa wenn ein neuer Mitarbeiter in
der Franchise-Zentrale eingeschult werden soll und dabei festgestellt wird, dass
die Prozesse veraltet sind…

Leser: Spannend wäre ein Hinweis von Ihnen,
wie man in einem jungen Franchisesystem von Anfang an für kontinuierliches
Wachstum sorgt. Haben Sie auch dafür Tipps?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, Sie benötigen dafür ein professionelles
Rekrutierungskonzept, das ein definiertes Anforderungsprofil an zukünftige
Franchise-Partner (nicht: “jeder kann das machen”), eine klare
Zielgruppenbeschreibung (“wo und wie kann ich gezielt geeignete
Franchise-Interessenten ansprechen”), geeignete (!)Instrumente zur Ansprache der
Zielgruppen (nicht: “schalten wir eben eine Anzeige”), einen standardisierten
Prozess “was passiert, wenn ein Franchise-Interessent Kontakt aufnimmt? Schritt
1, 2, 3, …” beinhaltet. Wir erarbeiten dies in einem 1-tägigen
Rekrutierungs-Workshop mit unseren Kunden. Erfahrungsgemäß brauchen Sie 100
Kontakte – aus dem 10 konkrete Interessenten übrig bleiben – und daraus 1
Franchise-Partner gewonnen werden kann. Sie sehen, Sie haben einen hohen Aufwand
und da macht es schon Sinn strategisch und zielorientiert vorzugehen ;o)

Leser: Ergänzend würde mich interessieren, wie
wir von Anfang an die notwendigen Bindungskräfte schaffen, um unsere Partner
dauerhaft im System zu halten?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, das ist wirklich ein tolle Frage!! Vielen Dank.
Bindungskräfte in Franchise-Systemen sind enorm wichtig, um “erfahrene, alte
Hasen” im Franchise-System halten zu können. Der einfachste Bindungsfaden
entsteht durch das Produkt, das Ihr Franchise-Partner im Idealfall nur von Ihnen
beziehen kann. Oder durch ein IT-gestützes Element, das es so nur im
Franchise-System gibt (bei Immobilien-Franchise-Systemen ist das etwa der
gemeinsame Immobilien-Pool). Auch erprobte, erfolgreiche Marketingmittel, die es
in der Qualität und Professionalität nur in Ihrem Franchise-System gibt, sind
ein gutes Bindungselement. Genauso wie eine umfassende Weiterbildung, die einem
Einzelkämpfer nicht zugänglich ist. Und ganz besondere Bindungskräfte entstehen
durch ein transpartentes, aussagekräftiges Controlling und Benchmarking – die
Chance zum Vergleich mit den Besten im Franchise-System und die Möglichkeit
davon als Franchise-Partner zu lernen, um selbst besser und damit erfolgreich zu
werden, bleibt einem Alleinunternehmer verwehrt. Überlegen Sie genau, welche
Leistungen Ihrer Franchise-Zentrale “Bindungspotenzial” haben und setzen Sie
dieses gezielt ein, um Ihre Franchise-Partner nicht nur über den Vertrag an sich
zu binden.

Leser: Gibt es rechtliche Klippen, die
aufgrund von Haftungsrisiken bei den Vorgesprächen mit Franchise-Interessenten
zu umschiffen sind?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, ich bin keine Juristin – mein Spezialgebiet ist die
Know-how-Dokumentation in Franchise-Systemen. Jedoch ist die vorvertragliche
Aufklärungspflicht, die Sie als Franchise-Geberin Ihren Franchise-Partnern
gegenüber haben, ein wichtiger und sinnvoller Bereich, der es dem
Franchise-Partner erst ermöglicht, eine gute Entscheidung für oder gegen eine
Franchise-Partnerschaft zu treffen. Die Franchise-Verbände bieten als Service
dafür Checklisten zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht an und in der Beratung
sensibilisieren wir unsere Kunden für diesen wichtigen Bereich, der bereits mit
der Kontaktaufnahme durch den Franchise-Interessenten beginnt.

Leser: Gibt es bestimmte Leitlinien, nach
denen ein Franchisesystem auszurichten ist? An welchen Werten sollte sich das
unternehmerische Handeln des Franchisegebers messen lassen?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, alle Mitglieder des deutschen und österreichischen
Franchise-Verbandes verpflichten sich freiwillig, nach den Kriterien des
Europäischen Ethik-Kodexes für Franchising zu arbeiten. Für mich und alle meine
Kollegen bei Syncon bedeutet Franchising “Partnerschaft auf Augenhöhe”, ein
wertschätzender Umgang miteinander, der langfristig den Erfolg von
Franchise-Partner und Franchise-Geber ermöglicht. Diese Sichtweise beschreibt
Waltraud Martius, Syncon Strategieexpertin, in ihrem Buch “Fairplay
Franchising”, das ich Ihnen sehr empfehle. “Fairplay Franchising” ist auch unser
ganzheitlicher Beratungsansatz, den wir in die gemeinsamen Projekte mit unseren
Kunden einbringen.

Leser: Wie konkret ist das Marketingkonzept in
den Unterlagen für die Franchisenehmer-Akquisition abzubilden? Welche
Informationen sind dort unverzichtbar? Wir würden es vorziehen, die Details erst
in persönlichen Gesprächen mit geeigneten Partnern preiszugeben.

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, wir empfehlen verschiedene Instrumente für die
Rekrutierung: etwa kleine und große Systemdarstellung, Rekrutierungs-Website,
Mitgliedschaft im nationalen Franchise-Verband, Präsenz auf Online-Portalen etc.
Je nach Medium beschreiben Sie Ihr Franchise-Leistungspaket (dessen Bestandteil
auch Ihr Marketingkonzept ist) mehr oder weniger im Detail. Zum Beispiel würde
ich in einer kleinen Systemdarstellung (die als Streumittel eingesetzt wird) nur
beschreiben, dass die Franchise-Zentrale in erprobtes Marketingkonzept sowie
Instrumente zur Umsetzung zur Verfügung stellt. Auf der Rekrutierungswebsite
könnten Sie zum Beispiel schreiben, dass die Franchise-Zentrale zentral die
Produktion der Marketingmittel für alle Franchise-Partner organisiert und diese
den Franchise-Partnern zu Selbstkosten zur Verfügung stellt; dass jährlich von
der Franchise-Zentrale ein Marketingplan erstellt wird – gemeinsam mit
geeigneten Marketingmitteln zur Umsetzung durch die Franchise-Partner in ihrem
Outlet. Und in einem vertiefenden Gespräch mit einem konkreten
Franchise-Interessenten (bei Ihnen in der Franchise-Zentrale) zeigen Sie den
aktuellen Marketingplan (im Franchise-Intranet) und die Instrumente, die etwa
für die nächste gemeinsame Aktion den Franchise-Partner zur Verfügung gestellt
werden.

Leser: Welche begleitenden PR-Maßnahmen haben
sich bei der Entwicklung einer Franchise-Marke bewährt?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, wir empfehlen immer einen Mix, die einzelne Maßnahme
bringt meist nicht den gewünschten Erfolg. Abgestimmt auf Ihre Branche, Ihr
Anforderungsprofil an die Franchise-Partner und natürlich auf das zur Verfügung
stehende Budget legen Sie verschiedene Maßnahmen fest, wie etwa: Mitgliedschaft
im Franchise-Verband, Gestaltung einer eigenen Rekrutierungswebsite, Präsenz in
Online-Portalen, Halten von Vorträgen, Teilnahme an (Online-)Messen, Produktion
von Systemdarstellungen, Schaltung von Anzeigen in Branchen-Magazinen etc.

Leser: Was kann der Franchisegeber dafür tun,
dass seine Partner sich einen bleibenden Unternehmenswert aufbauen? Und dass
dieser Unternehmenswert im Verkaufs- oder Erbfall nicht verloren geht?

Michaela Jung: Lieber
Live-Chatteilnehmer, noch eine spannende Frage! Der Erfolg des
Franchise-Partners ist der Erfolg des Franchise-Gebers. Nur wenn die
Franchise-Partner verdienen und erfolgreich sind, verdient der Franchise-Geber
über die Gebühren und ist das System in seiner Gesamtheit erfolgreich. Immer
mehr Franchise-Systeme beschäftigen sich mit dem Thema ‘Nachfolge’ für ihre
Franchise-Partner und entwickeln auch hierfür Konzepte, dass Franchise-Partner
ihre Standorte gut übergeben können. Den Verkaufs- bzw. Erbfall regelt
zusätzlich der Franchise-Vertrag.

Leser: Bei welcher Partnerzahl sollte die
Gründung eines Beirats erwogen werden? Kann der Franchisegeber die Mitglieder
selbst bestimmen oder ist eine demokratische Wahl durchzuführen? Welche Aufgaben
würden Sie einem neu eingerichteten Beirat übertragen? Wie oft sollte er tagen
und wie wird die Tätigkeit honoriert?

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmerin, wir empfehlen, ab ca. 10-15 Franchise-Partnern einen
Beirat zu installieren. Als Franchise-Geberin definieren Sie die Kriterien, die
ein Franchise-Partner erfüllen muss, damit er sich für den Beirat bewerben kann
(etwa 100%ige Erfüllung des Franchise-Vertrages und Umsetzung des
Franchise-Konzeptes). Die Wahl erfolgt dann demokratisch. Mehr Details zum Thema
Beiräte bieten die Franchise-Verbände mit Checklisten zum Thema Beirat und
Beiratssatzung.

Michaela Jung: Liebe
Live-Chatteilnehmer, vielen Dank für den spannenden Austausch! Alle Fragen, die
Sie noch haben bzw. nicht ausreichend im Chat beantwortet wurden, können Sie mir
gerne noch nachträglich per Telefon oder Mail stellen. Herzlichen Dank + viel
Erfolg auf Ihrem Franchise-Weg, Michaela Jung

Michaela Jung
Michaela Jung
SYNCON International Franchise Consultants

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