Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Markenführung: Tops & Flops

Thomas Matla: Guten Tag, sehr
geehrte Damen und Herren, hiermit eröffne ich die heutige Fragerunde zum Thema
Marken-Tops und Flops. Ich freue mich auf Ihre Fragen.

Leser: Guten Morgen Herr Matla: Welche Trends
werden aus Ihrer Sicht die Zukunft der Markenführung im Franchise
bestimmen?

Thomas Matla: Guten Morgen, hier gibt
es ganz unterschiedlich starke Trends, die sich auswirken können. Ich gehe davon
aus, dass einer der größten und auswirkungsreichsten Trends die gestiegene
Sensibilisierung zu Themen wie Ökologie, Fairness und Nachhaltigkeit sein
werden. Wir werden auch hier in Europa von der Welle des Greenfranchising
erfasst werden, die sich jeweils unternehmens- und angebotsspezifisch auswirken
kann.

Leser: Welche hauptsächlichen Fehler bei der
Markenführung führen zu den berüchtigten Flops und wie lassen sie sich
vermeiden?

Thomas Matla: Ihre Frage klingt sehr
einfach, betrifft aber einen sehr komplexen Bereich. Der hauptsächliche Fehler,
den ich sehe, ist die mangelnde Übereinstimmung, Konsistenz und
Selbstähnlichkeit der gesamten Marke. Das Markendenken muss im gesamten
Unternehmen und in allen Organisationsstufen vorhanden sein, um authentisch die
Marke zu empfinden, zu denken, zu leben und zu gestalten.

Leser: Guten Morgen Herr Matla, was bedeutet
„identitätsorientierte Markenführung“? Neulich stieß ich einen entsprechenden
Buchtitel von Heribert Meffert.

Thomas Matla: Nun, eine Marke ist ja so
etwas wie eine Persönlichkeit, eine Identität. Und diese Identität ist der
Treiber für alles Denken, Tun und Handeln. Das kann man bei menschlichen
Persönlichkeiten ebenso erkennen, wie bei Unternehmenspersönlichkeiten. Manch
ein Unternehmen sieht allerdings so aus, als hätte es eine Identitäts- oder
Persönlichkeitsspaltung. Es kommt einem bei diesen so vor, als agierten sie nach
innen und aussen, gegenüber ihren Mitarbeitern, Partnern und Kunden jeweils mit
ganz unterschiedlichen Wertmaßstäben. Diese Unternehmen haben eine gestörte und
damit geschwächte Persönlichkeit, die früher oder später zu einem Flop
führt.

Leser: Guten Morgen! Worauf ist bei der
Entwicklung einer Markenevolutionsstrategie besonders zu achten und wie setzt
man sie in die Praxis um?

Thomas Matla: Ich denke zwei Dinge sind
dabei besonders zu beachten. Erstens, der aktuelle Bezug zum Markt sowie die
Richtung, in die sich der Markt mit all seinen Teilnehmern bewegt. Zum Zweiten,
die Historie des Unternehmens mit all seinen Markenguthaben. Die Frage, die sich
daraus ergibt lautet dann: Kann mein Unternehmen glaubwürdig die aktuellen und
zukünftigen Marktbedürfnisse mit einer sich verändernden Positionierung
befriedigen? Welches sind meine Markenwerte, die ich auf keinen Fall verlassen
darf, welche Elemente kann ich flexibel evolutionieren? Für die Umsetzung bzw.
evolutionäre Veränderung meines Images in die Praxis ist es wichtig, dass ich
dafür die richtigen Mitarbeiter, bzw. in Franchiseunternehmen auch die Partner
habe, die diese Veränderung mit tragen. Und, dass ich fähig bin mit meinem
Unternehmen diese Veränderungen auch klar, eindeutig und faszinierend
kommunizieren kann.

Leser: Inwieweit unterscheidet sich die
Markenführung im Franchise von der in anderen Märkten?

Thomas Matla: Eine klassische
Standardfrage der Live-Chats. In Franchiseunternehmen habe ich es nicht nur mit
einem Kunden-Absatzmarkt zu tun, sondern mit aktuellen und potenziellen
Franchisepartnern und -partnerinnen. Hier eine eindeutige, relevante, klare und
motivierende Markenführung und Markenkommunikation zu praktizieren, ist Anspruch
und eine Kunst zugleich. Franchiseunternehmen sind nicht nur Konzept und Marken
getriebene Unternehmen, sondern auch Menschenunternehmen mit außergewöhnlichen
Abhängigkeiten, aber auch großen Gestaltungsfreiräumen.

Leser: Hallo Herr Matla, wie wehre ich mich
mit einer geschickten Markenpolitik gegen den Verdrängungswettbewerb?

Thomas Matla: Nun, denken Sie einfach
an das limbische Vorgehen. Also, Sie können, so Sie über genügend Geld verfügen,
eine Dominanzstrategie fahren und sich stärker als der Konkurrent im Markt
zeigen. Sie können zweitens eine Stimulanzstrategie fahren, indem Sie kreativ
nach innovativen Wegen und Möglichkeiten suchen. Und Sie können drittens eine
Balancestrategie beschreiten, indem Sie Kooperationen eingehen, zusammen mit
anderen größere Kunden akquirieren o.ä. Das Thema lässt sich natürlich beliebig
vertiefen.

Leser: Wie erreicht man, dass sich aus Sicht
der Kunden die eigene Marke von denen der Konkurrenz deutlich
unterscheidet?

Thomas Matla: Die größte Unterscheidung
zu anderen Unternehmen erreichen Sie durch eine klare
Unternehmenspositionierung. Wenn die Bedeutung Ihrer Marke klar ist, die Werte
und Einstellungen, für die sie steht, haben Sie bereits einen wesentlichen Teil
erfüllt. Nun gilt es diese Positionierung nach aussen zu zeigen, in die Realität
zu überführen. Das geschieht durch den Markennamen, das Logo, das Brand Design,
aber auch durch das Markenverhalten und die Markenkommunikation. Hierdurch
stehen Ihnen eine Fülle von Unterscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Konsistent ausgeführt, ergibt sich eine deutliche Unterscheidung zu
Konkurrenzunternehmen.

Leser: Ist die interne Unternehmenskultur nur
für die Unternehmensmarke oder auch für die einzelnen Produktmarken von
Bedeutung?

Thomas Matla: Wenn ein Unternehmen
authentisch sein will, um damit auch eindeutig und stark zu erscheinen, sollte
die gelebte Unternehmenskultur für das gesamte Unternehmen eine Bedeutung haben,
sowohl nach innen, wie nach aussen, sowohl für die Unternehmensmarke, wie für
die Produktmarke. Wenn ich beispielsweise eine Konzernmarke als die
Gesundheitsmarke positioniere, kann ich nicht wirklich glaubhaft darunter Marken
positionieren, die diesem Anspruch entgegenstehen. Was würden Sie beispielsweise
denken, wenn Nestle Zigaretten vertreibt. Speziell die Zunahme der
Lohas-Einstellungen würde diesem geradezu entgegenstehen. Wir wissen ja, dass es
eine zunehmende Bereitschaft in allen Konsumentenschichten gibt, auf Ökologie
und Nachhaltigkeit, aber auch konsistente Glaubwürdigkeit zu schauen und danach
aktiv zu handeln. Wer als Gesamtunternehmen nicht konsistent glaubwürdig
handelt, wird zukünftig wohl vom Markt und seinen Teilnehmern durch
Konsumverzicht abgestraft.

Leser: Was gibt es für innovative Ansätze zur
Markenführung, um unverwechselbar zu werden und tatsächlich eine Top-Marke
aufzubauen?

Thomas Matla: Nun, es gibt hier Gott
sei Dank keinen einheitlichen und einzigen Weg um erfolgreich zu sein, sondern
ganz unterschiedliche Ansätze und ganz verschiedene Vorgehensweisen. Nehmen Sie
zum Beispiel den Aufbau von Mono-Brand-Stores. Unternehmen, wie die Bremer
Nordmilch hatten im Herbst 2005 sogenannte “Milram`s Milk & More” Läden
aufgebaut, die als “innovative Gastronomieprodukte am Puls der Zeit” gepriesen
wurden. Premiere war am Hamburger Hauptbahnhof. Doch die Läden flopten, die
bundesweite Expansion kam über drei Läden nicht hinaus. Ähnlich erging es
Ferrero 2002 mit den Nutella-Shops “Nutelleria”. In Frankfurt am Main eröffnet,
kam zwei Jahre später das Aus. Anders bei Beisersdorf. 2006 wurde das Niveahaus
in Hamburg am Jungfernstieg eröffnet. Weitere in Berlin (Pop-up 2008, Mono-Brand
2009) und Dubai folgten. 2008 zog das Nivea-Haus in Hamburg 240 000 Besucher an.
Ein ähnlicher Erfolg ist der Manner-Shop in Wien. Am Stephansplatz auf 75 qm
gibt es jährlich 280 000 zahlende Besucher. Ein echter innovativer Erfolg.

Leser: Können Sie mir im Franchising Beispiele
für besonders gelungene Markenführung nennen? (Ich meine nicht die berühmten
Beispiele aus der Systemgastronomie, sondern mittelständische
Unternehmen.)

Thomas Matla: Nun zum Beispiel das
australische Unternehmen aesop mit einem Laden in Zürich finde ich
außergewöhnlich. Hier findet die Markenführung auf einem absolut anspruchsvollen
Niveau statt. Die Marke wird durch ihren inneren Anspruch und die Werte
zusammengehalten, selbst die Stores sehen jeweils ganz unterschiedlich aus. Aber
gerade die von Ihnen so bissle abfällig behandelte Systemgastronomie zeigt
beispielhaft auf, was möglich ist und wo die Grenzen liegen. Nehmen wir zum
Beispiel die Marke “Gorilla”. Gorilla hat “Öko-Fastfood” in Berlin angeboten.
Aus meiner Sicht war der Markenaufbau sehr gut. Mit drei Läden und 56
Mitarbeitern musste Gorilla am 30. Juni des Jahres Insolvenz anmelden. Was nicht
gestimmt hat, soweit ich es beurteilen kann, waren einerseits die wenig
frequentierten Shoplocations, andererseits gab es bei den Investoren laut
Presseberichten wohl Meinungsverschiedenheiten über das Konzept, bzw. weitere
Vorgehen.

Leser: Wie lassen sich die Erfolgsmuster einer
Konkurrenzmarke systematisch entschlüsseln?

Thomas Matla: Indem Sie das
Unternehmen, soweit es Ihnen zugänglich ist, analysieren. Von seinen
Kundenmärkten, über die Leistungen und Services, die Preise und
Distributionskanäle, also dem gesamten Brand Marketing Mix, bis zur
Markenkommunikation. Die innere Positionierung müsste dann deutlich vor Ihnen
liegen.

Leser: Wie setze ich die Markenführung zur
Zwecke der Kundenbindung ein? Wir wollen uns zur Präferenzmarke einer
ausgewählten Kundengruppe in einer Marktnische entwickeln.

Thomas Matla: Wenn Sie Ihre Marke auf
eine klar definierte Marktnische positionieren, haben Sie sich sicherlich schon
ausgiebig einerseits mit den Kategoriebedürfnissen der potenzielllen Kunden und
Kundinnen auseinandergesetzt, andererseits mit den dahinter liegenden
Bedürfnissen sowie den Abstufungen nach Relevanz. Die Positionierung Ihrer Marke
auf diese Bedürfnisstruktur sollte Grundlage Ihrer Kundenbindungsmassnahmen
sein. Fragen, die Sie nun zu klären haben, sind zum Beispiel: Ist eine
Eventreihe für meine Kunden in Bezug auf ihre Bedürfnisstruktur relevant. Wenn
ja, wie sollte sie konkret aussehen? Wollen meine Kunden eher fachliche
Unterstützung, um stärker in ihren Märkten zu sein oder geht es eher um einen
Kontaktaufbau. Je nachdem können zu Fachevents oder unterhaltende Sozialevents
in den Focus rücken. Gleiches gilt für den Aufbau von Internetplattformen. Nach
nunmehr 40 Jahren kann das Internet in besonderer Weise zur Kundenbindung
genutzt werden.

Leser: Ich habe die Entwicklung neuer Marken
mehrfach miterlebt. Im anschließenden Alltagsgeschäft fand eine „Betreuung“ der
Marke meines Wissens nicht statt. Wie muss ich mir das praktisch vorstellen?

Thomas Matla: Marken und
Franchiseunternehmen sind lebende, sich entwickelnde Organismen. Dass sie sich
verändern ist die Normalität. Sie bedürfen daher einer Pflege. Das kann ganz
unterschiedlich erfolgen. Wir empfehlen unseren Kunden regelmäßige
Inhouse-Workshops zur Marken-, Konzeptions- und Strategieüberprüfung. Diese
können je nach Unternehmenstyp vierteljährlich (besonders zu Beginn eines
Markenlebens), aber auch halbjährlich, mindestens aber jährlich erfolgen. Hier
kommen dann alle Informationen auf den Tisch, um zu sehen, ob die Marke noch “on
Strategy” liegt. Natürlich werden auch begleitende Gespräche in Form von
Coachings beauftragt.

Leser: Im Franchising arbeiten zahlreiche
selbständige Unternehmer an ein und derselben Marke. Wie können wir eine
schleichende Verwässerung unserer Markenpolitik durch wiederholte Verstöße
verhindern?

Thomas Matla: Ihren ersten Satz würde
ich gern verändert sehen. Viele selbstständige Unternehmer arbeiten mit oder im
Sinne der Marke. Die Marke und ihre Ausgestaltung liegen eindeutig bei der
Systemzentrale. Sie hat die Verpflichtung alles zu tun, damit die Marke
strategiekonform wächst. Sie achtet auf die Einhaltung und Umsetzung der Marke
bei den Franchisenehmern und -nehmerinnen. Was eine Marke ausmacht, ist im
Systemhandbuch definiert bzw. sollte dort eindeutig in einem Markenkapitel
festgeschrieben werden. Im übrigen können Sie auch Franchisenehmer in einem
Markenberatungsgremium/-beirat bündeln, um so einerseits die
Franchisenehmersicht in die Markenführung zu integrieren, andererseits
Inforückläufe darüber zu generieren. Verstöße gegen die festgelegte
Markenpolitik sind vorab zu definieren und später, so sie anfallen, zu
sanktionieren, damit es nicht zu einer Markenerosion kommt.

Leser: Guten Morgen Herr Matla: Welche
Gefahren beinhaltet die Aufgabe einer Mono-Marken-Strategie und wie lassen sie
sich überwinden?

Thomas Matla: Die Gefahr ist natürlich,
dass mein bisheriges Angebot durch die neue Marke substituiert wird. Deshalb ist
es wichtig, eine klare Trennschärfe hinzubekommen. Spricht die neue, ergänzende
Marke eine Bedürfnis an, das genügend weit von meinem bisherigen Angebot
entfernt ist? Andererseits, kann ich als Unternehmen noch glaubwürdig auch
dieses Bedürfnis erfüllen? Beispiel aus der Gastronomie, natürlich wieder
McDonalds. McCafé ist sicherlich als Marke neben McDonalds trennscharf,
andererseits erfüllt sie ein komplementäres Bedürfnis. Anders war es mit den
randlosen Pizzen. Hier nahm offensichtlich und nachvollziehbar der Verbraucher
die Kompetenz nicht ab und wollte dieses Erlebnis nicht nachvollziehen. Es ist
jeweils von Fall zu Fall zu klären, wann die Kompetenz der Marke groß und stark
genug ist, um weitere Produkte und Leistungen unter diesem Markendach zu fahren
(siehe Nivea) oder ob es sinnvoll ist, einem neuen Leistungsangebot eine neue
Marke zu schneidern, die dann jedoch erst einmal am Markt einzuführen ist. Eine
Markenausweitung ist natürlich im gesamten System günstiger zu realisieren, bei
einem Fehlschlag beschädigt sie aber auch die bereits eingeführte Marke.

Leser: Was verstehen Sie unter
“Selbstähnlichkeit der gesamten Marke”?

Thomas Matla: Die Bedeutung der Marke
für den Konsumenten muss bei allen Markenäusserungen dieser eindeutig
zuordnenbar sein. Der Absender sowie das, wofür sie steht, muss sich nicht nur
in der kommunikativen Positionierung wiederfinden, sondern auch in der
Distribution und im Preis zum Beispiel. Hugo Boss-Produkte am Automaten in der
Bahnhofstraße sind zwar innovativ, vielleicht verkaufen sie sich auch, aber
dieser Ansatz wäre nicht markenkonform. Er würde von der Marke Wert abziehen,
anstatt ihn dazu zu addieren. Die hohe Schule praktiziert die Marke aesop (wie
bereits oben erwähnt).

Leser: Guten Morgen, gestern feierte das
Internet seinen 40. Geburtstag. Worin unterscheidet sich e-Branding von der
traditionellen Markenführung?

Thomas Matla: Ja, kaum zu glauben, dass
Prof. Leonard Kleinrock vor 40 Jahren in Kalifornien einem wissenschaftlichen
Kollegen die erste E-Mail schickte, worauf wohl auch gleich das System
zusammenbrach. Im Internet kommt es nach meinem Verständnis noch viel stärker
als im physischen Leben darauf an, die Werte der Marke zu verstehen, zu leben
und bewusst zu gestalten. Hier kann und muss besonders auf den Kern, die
Markenpositionierung, geachtet werden. Sie bedarf der intensiven und
authentischen Pflege. Andere Bereiche “entgleiten” dem Markeninhaber. Alles ist
im Internet nur einen Klick entfernt. Ich kann mich jederzeit über alles
informieren, über die Marke selbst, die Erfahrungen anderer Kunden, die
Konkurrenz. E-Branding heisst für mich deshalb besonders eine
Unternehmensstruktur/Organisation zu schaffen, die nicht nur in Bezug auf das
Internet, sondern auf alle neuen Medien offen und kommunikativ ist. Information
und Kommunikation sind die Themen, schnell, glaubwürdig und kompetent sollte
agiert werden können. Diese Entwicklung ist nach meiner Erfahrung eine große
Herausforderung für die unterschiedlichsten Unternehmen, wie auch für die
Kommunikationsdienstleister.

Leser: Sie erwähnten, dass man nicht glaubhaft
Produktmarken positionieren kann, die dem Anspruch des Unternehmens
entgegenstehen. Wie passt das zu dem Molkereikonzerns Müllermilch, der ziemlich
freche Werbekampagnen für die Müllermilch-Produkte durchführt und parallel die
konservative Traditionsmarke Weihenstephan vermarktet. Beides offenbar sehr
erfolgreich!

Thomas Matla: Für mich ist da kein
Widerspruch vorhanden. Müllermilch bediehnt mit beiden Angeboten seine absolute
Kernkompetenz. Produkte aus Milch, mehr oder weniger reichhaltig. Beide Angebote
liegen in einem klar umrissenen Bereich. 1988 war ich beratend für die Molkerei
Müllermilch tätig. Daher kenne ich auch die weiteren Produkte, wie Joghurts,
Milchreis etc. Unterschiedliche Zielgruppenansprachen bedienen hier verschiedene
Werthaltung, die dennoch starke Gemeinsamkeiten haben. Müllermilch ist aber
meines Wissens nicht im Tankstellenbereich oder in der Tabakindustrie tätig,
oder?

Leser: Angesichts der Bedeutung von Social
Media und Web 2.0 gibt es auf Seiten der Konsumenten einen klaren Trend in
Richtung selbstbestimmter Kommunikation. Was sind die Konsequenzen für die
Markenkommunikation? Zurückhaltung statt Aggressivität? Information statt
Werbung?

Thomas Matla: Dialog, ein frühes
Einbeziehen der Interessierten Nutzer/innen und Verbraucher/innen, ein
Mitentwickeln und Mitgestalten lassen, da sehe ich die Chancen. Damit erhält das
Unternehmen ein frühes Feedback vom Markt. Und eine enorme Kundenbindung. Nehmen
wir das Unternehmen MAMMUT aus der Schweiz (Outlet in Zürich, Nähe Bahnhof). In
Berlin gibt es beispielsweise ein Outlet im ALEXA am Alexanderplatz. Mammut
nutzt das Web, um Events für eine frühe Kundeninvolvierung zu schaffen. Das
Outdoorunternehmen lädt zum Test von Schläfsäcken in die Bergwelt – und
generiert damit ein riesiges, emotionales Echo. So begeistert man als
Unternehmen seine Kunden, macht sie zu echten Botschaftern der Marke und nutzt
gleichzeitig die neuen Medien.

Leser: Wir wollen die Findung eines neuen
Markennamens unseren Franchise-Nehmern, Mitarbeitern und Kunden überlassen.
Halten Sie diesen Weg für erfolgversprechend?

Thomas Matla: Ohne eine echte und
kompetente Moderation von aussen halte ich diesen Weg für sehr schwierig. Wir
sehen das in unseren Workshops. Die Entwicklung eines Markennamens ist von sehr
bedeutender Wichtigkeit, wie überhaupt die Unternehmenspositionierung,
Unternehmenskultur und die Entwicklung einer Corporate Language. Ich würde Ihnen
nicht empfehlen, diesen zentralen Punkt aus der Hand zu geben. Er hat eine zu
große Wichtigkeit als dass Sie auf die Unterstützung von echten Profis
verzichten sollten. Feedback von Mitarbeitern, Partnern und Kunden ist gut, aber
die Markenmacht sollte beim Franchisegeber bleiben.

Leser: Kann man bei Mehr-Marken-Systemen
Irritationen durch gegenläufige Kräfte vermeiden?

Thomas Matla: Ja natürlich! Das sollte
unbedingt das Ziel sein.

Leser: Was bedeuten die von Ihnen erwähnten
“Lohas-Einstellungen”?

Thomas Matla: Lifestyle of Health and
Sustainability, damit bezeichnet man eine Einstellung von Zielgruppen, die
besonders auf Ökologie, Nachhaltigkeit und Fairness achten und nur Unternehmen
(und sich selbst) mit ihrem Konsum “belohnen”, die diese Werte auch leben.

Leser: Welche Informationen müssen uns
vorliegen, um den Markenkern aus Sicht der Verbraucher zu ermitteln?

Thomas Matla: Dafür müssen Sie die
Kategoriebedürfnisse kennen (Dienstleistung/Produkt etc.), wie auch die
psychologischen Bedürfnisse. Warum kommen Konsumenten konkret zu Ihnen? Wollen
Sie neben einem Autokauf auch Status (Mercedes)? Oder Style (Jaguar)? Oder ihr
ökologisches Bewusstsein demonstrieren (Honda-Hybridauto)?

Leser: Wie schätzen Sie das Risiko einer
Markenumbenennung für ein Franchise-System ein? Das Teehaus bzw. TeeGschwender
hat es vor Jahren trotz mancher Widerstände erfolgreich durchgezogen.

Thomas Matla: Wenn es gut durchdacht,
stringent vorbereitet und konsequent realisiert wird, kann es einen Sprung nach
vorn bedeuten. Wenn es Inkonsistenzen, z.B. im Unternehmen bei den verschiedenen
Inhabern etc. gibt, wenn alles nur halb, nicht wirklich konsequent, zu langsam
umgesetzt wird, dann kann es für das Unternehmen sehr gefährlich werden. Frage
ist immer, warum ist eine Umbenennung notwendig? Ist es eine Chance oder ist es
aus der Not geboren?

Leser: Kann das Nutzenspektrum einer Marke
durch das Aufzeigen alternativer Nutzungsmöglichkeiten zu einem späteren
Zeitpunkt erweitert werden?

Thomas Matla: Ja sicherlich! Soweit mir
bekannt, hat zum Beispiel das Unternehmen Nintendo, nachdem seine
Videospiel-Produkte schon lange auf dem Markt waren, entdeckt, dass
Physiotherapeuten diese Spiele für Therapien einsetzen. Daraufhin wurde ein
entsprechendes Angebot unter dem Markendach entwickelt und umgesetzt.

Thomas Matla: Vielen Dank für Ihre
sehr interessanten Fragen. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Live
Chat, der am 26.02.2010 mit dem Thema “Markenaufbau: Nachhaltigkeit als Wert zur
Profilierung und Kommunikation” stattfindet. Am 27.11.2009 ist aber erst einmal
meine Kollegin, Frau Prof. Veronika Bellone mit dem Thema: “Nachhaltigkeit im
Franchising” dran. Ihnen allen ein erholsames Wochenende! Ihr Thomas
Matla

Thomas Matla
Thomas Matla
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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