Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Worauf ist bei einer professionellen Protokollierung der Franchise-Partnerschaft zu achten?

Gerade zu Beginn der Etablierung eines Franchise-Systems wird sehr viel Kraft und Energie in die Rekrutierung und in die Auswahl von Franchise-Partnern gesteckt. Gemäß dem Spruch „you never get a second chance to make a first impression“ prägt das Verhalten in der Phase des Kennenlernens zwischen Franchise-Geber und potenziellem Franchise-Partner die zukünftige Beziehung in der laufenden Franchise-Partnerschaft. Dieser zeitliche Abschnitt wird bei Syncon auch als „Minus-1-Phase“ bezeichnet – der Beziehungsaufbau vor Unterzeichnung des Franchise-Vertrages und Start der Franchise-Partnerschaft. Versäumnisse und Fehler, die hier unterlaufen, wiegen schwer in der zukünftigen Arbeitsbeziehung – umgekehrt ermöglichen positive Erlebnisse und Bestärkungen in dieser Phase Konflikte in der laufenden Franchise-Partnerschaft besser auszutragen. Franchise-Geber und Franchise-Partner schaffen in der „Minus-1-Phase“ idealerweise ein tragfähiges Beziehungsfundament, das nicht jedes Wort auf die „zwischenmenschliche Waagschale“ legt. Vertiefende Informationen dazu im Buch „Fairplay Franchising“ (Autor: Waltraud Martius).
 

Wichtiger Bestandteil für das tragfähige Beziehungsfundament ist die wechselseitige vorvertragliche Aufklärungspflicht von Franchise-Geber wie auch Franchise-Interessenten. In diesem Prozess werden alle Informationen umfassend offengelegt, um eine Entscheidung für (oder gegen) die Franchise-Partnerschaft zu treffen. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht verlangt vom Franchise-Geber eine Dokumentation des Rekrutierungsprozesses und der in dieser Phase gegebenen Informationen und übergebenen Unterlagen. Sind externe Rekruter eingebunden, so lautet die Empfehlung an den Franchise-Geber auch von diesen den Prozess der vorvertraglichen Aufklärungspflicht des Franchise-Interessenten lückenlos sicherstellen und festhalten zu lassen.

Die nationalen Franchise-Verbände haben eine neutrale Checkliste zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht entwickelt, die angefordert werden kann. Im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärungspflicht ist es für den Franchise-Geber notwendig schriftlich zu dokumentieren, (so dass in späterer Folge bewiesen werden kann) welche Informationen der potentielle Franchise-Partner in der Phase der Rekrutierung erhalten hat. Wichtig ist es hierbei auch Gesprächsprotokolle zu führen und Vereinbarungen schriftlich festzuhalten, insbesondere wenn sie später als Ergänzung zum Franchise-Vertrag gelten sollen. Die Empfehlung dabei lautet beim Franchise-Vertrag so wenig wie möglich Abweichungen zuzulassen.

Ist die Franchise-Partnerschaft vertraglich unter Dach und Fach, so lockern viele Franchise-Geber die interne Verpflichtung zur Dokumentation – im Sinne von Protokollierung – der laufenden Franchise-Partnerschaft. Hier werden Vereinbarungen oft nur mehr mündlich getroffen, von denen dann im Konfliktfall keiner mehr etwas wissen will und in der Beweisführung fehlt die Schriftlichkeit.

Die Empfehlung lautet daher bei jedem Telefonat, bei jedem Besuch des Partner-Managers und bei jeder Kommunikation mit dem Franchise-Partner entsprechend zu dokumentieren. Etwa mittels eines systemeigenen CRM-Systems, das professionell die Dokumentation jedes Kontaktes / jeder Kommunikation mit dem Franchise-Partner festhält (zum Beispiel in Form von Gesprächsprotokollen, die so abgelegt werden, dass sie in späterer Folge auch zugänglich sind).

Verschriftlichung verstärkt die Verbindlichkeit. Dies gilt insbesondere auch für festgelegte Maßnahmen zur Verbesserung der Franchise-Partnerschaft und zur professionelleren Umsetzung des Geschäftskonzeptes durch den Franchise-Partner.

Diese Verschriftlichkeit fängt bereits bei der Vorbereitung eines Besprechungstermines mit dem Franchise-Partner an. Idealerweise gibt es dafür in der Franchise-Zentrale ein sogenanntes „PM-Protokoll“ (Partner-Management-Protokoll) – ein Formular, um die konkreten Themen für den Termin und danach die abgeleiteten Maßnahmen zu protokollieren. So wird das PM-Protokoll einerseits für die Vorbereitung des Gespräches mit dem Franchise-Partner verwendet und gewährleistet aber andererseits auch dessen Dokumentation. Im Franchise-Shop der Syncon kann eine Vorlage für solch ein PM-Protokoll erworben werden: www.tools4franchise.com.

Ergänzend zum Führen eines PM-Protokolls ist es notwendig auch für die zentralen Bereiche des Franchise-Leistungspaketes eines Franchise-Systems – Marketing & Sales und Wirtschaftlichkeit – Verbindlichkeiten und Vereinbarungen zwischen Franchise-Partner und Franchise-Geber zu protokollieren. Einmal jährlich wird der individuelle Marketing- und Salesplan gemeinsam mit dem Franchise-Partner erarbeitet, niedergeschrieben und die Bereitschaft zur Umsetzung durch die Unterschrift des Franchise-Partners bekräftigt. Eine gute Dokumentation empfiehlt sich natürlich auch für den jährlich zu erstellenden Businessplan des Franchise-Partners, denn nur Ziele, die niedergeschrieben sind können auch erreicht und gemessen werden („only what gets measured, gets done“).

Die Wahrnehmung, Erinnerung und Interpretation von Ereignissen ist für jeden Mensch unterschiedlich. Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick hat postuliert „man kann nicht nicht kommunizieren“. Dies bedeutet alles, was an Informationen kommuniziert und nicht kommuniziert wird, entfaltet eine Wirkung. Zum Beispiel das Zurückhalten von Informationen „wirkt“ und hat in der Regel langfristige und oft dramatische Folgen. Um im Falle von unterschiedlichen Meinungen oder gar Konflikten der Interpretation der Beteiligten möglichst wenig Spielraum zu bieten, braucht es die Protokollierung, die sachliche Informationen schwarz-auf-weiß liefert und so zu einer schnellen Lösung führen kann.

Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Trennung von einem Franchise-Partner ansteht. Diese zeitliche Phase ist eine der sensibelsten während einer Franchise-Partnerschaft. Es ist die Aufgabe des Franchise-Gebers als Systemführer sicherzustellen, dass im Prozess der Trennung von einem Franchise-Partner kein Schaden für die Marke und das Franchise-System entstehen. Darum ist auch hier die Protokollierung der notwendigen Schritte und Vereinbarungen eine gute Voraussetzung, um professionell auseinander gehen zu können. Denn bekanntlich trifft man sich immer zwei Mal im Leben!

© Waltraud Martius 07.10.15

Waltraud Martius
SYNCON International Franchise Consultants

Waltraud Martius ist Franchise-Beraterin und Mitbegründerin des Österreichischen Franchise-Verbandes (ÖFV). Außerdem ist sie Mitherausgeberin und Autorin mehrerer Bücher über Franchising.

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