Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

068 – Transparenz: Gute Storys durch Misserfolge und Fakten auf dem Tisch

068 – Transparenz: Gute Storys durch Misserfolge und Fakten auf dem Tisch

Wie in der vorangegangenen Podcast-Episode saß ich mit Rolf Gerhard Kirst und Peter Schwarzer von Franchisepool International während der European Master- & Multi-Unit Franchising Conference zusammen. In dieser Episode geht es um Transparenz. Transparenz von Franchisesystemen, z.B. bei der Gewinnung neuer Franchisepartner oder grundsätzliche Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit. Auch hier kann sich die deutsche Franchise-Wirtschaft etwas von ausländischen Franchisesystemen abgucken.

Rolf und Peter sehen viel ausländische Franchisesysteme von Innen und berichten darüber, wie dort das mit der Transparenz gehandhabt wird. Wir können uns daran ein Beispiel nehmen, entspannter mit Misserfolgen umgehen und die Daten und Fakten offen auf den Tisch legen. Das gibt uns die Chance, eine interessante Story zu erzählen.

(Audio 13:14Min)

Disclosure Document vs. vorvertragliche Aufklärung im Franchising

Zum Einstieg des Gesprächs stellt Rolf Kirst fest, dass es in den USA um die Transparenz besser gestellt ist, als in Europa. Dafür sorgt allein schon die dortige Gesetzgebung. Jedes Franchisesystem in Amerika braucht ein sogenanntes “Disclosure Document”. Disclosure steht für “Offenlegung”.

Dazu gehört die Offenlegung von Zahlen. Allerdings nicht nur Finanzzahlen, sondern z.B. auch die Auflistung aller Franchisenehmer und auf die letzten drei Jahre die Entwicklung an Franchisenehmer-Abgängen und -Zugängen. Bis hin zu Vorerfahrungen und Führungszeugnissen.

Die deutsche vorvertragliche Aufklärung geht zwar in eine ähnliche Richtung, doch bei Weitem nicht so transparent wie bei den Amerikanern. Zudem sind diese Dokumente in Amerika praktisch öffentlich zugänglich.

Transparenz erleichtert das Lernen und Vergleichen

“Wenn ich weiß, welche Firma ich mir angucken will, kann ich von dieser Firma die Dokumente auch bekommen. Entweder vom Franchisegeber direkt – viele schicken es einem einfach zu, wenn man fragt – oder es gibt Firmen, die diese Dokumente über Jahrzehnte gesammelt haben und die verkaufen die.”

Peter Schwarzer hat alles über Franchising zunächst in den USA gelernt. In Deutschland wurde er davon überrascht, dass kaum Informationen zur Verfügung stehen. Er konnte über Franchisesystemen, die ihn interessierten, so erst einmal gar nichts lernen.

Aus der Perspektive eines Franchise-Kandidaten wird deutlich, dass diese es in den USA deutlich einfacher haben. Sie können die Rahmenbedingungen zukünftiger Franchisepartnerschaften leichter vergleichen, weil ihnen entsprechende Informationen zur Verfügung stehen.

Expansionsziele und tatsächliche Ergebnisse

Als Portalbetreiber fällt mir auf, wie häufig von Franchisesystemen große Expansionsziele angekündigt werden. Mit Blick in unsere Datenbank fällt häufig auf, dass die angekündigten Partnerzahlen nicht im Ansatz erreicht werden, obwohl zwischenzeitlich eine Vielzahl an Neueröffnungen groß verkündet wurden. Der Verlust von Franchisepartnern – aus welchen Gründen auch immer – wird dagegen nicht kommuniziert.

Rolf Kirst sieht den hohen Stellenwert des Datenschutzes in Deutschland als eine mögliche Ursache für eine geringere Transparenz. Gleichzeitig empfiehlt er, kommunizierte Expansionsziele auf ihre Realisierbarkeit hin zu prüfen und keinen utopischen Fantasien hinterherzuhängen. Er regt an, die Abgänge von Franchisepartnern mitsamt der zugrunde liegenden Gründe offen zu kommunizieren, so wie es in den USA der Standard ist.

Kirst: “Geht offen mit der Standortentwicklung um!”

Heutzutage ist es sehr leicht, solche Dinge zu kommunizieren. Das bekommt über das Internet jeder hin, während es das Disclosure Document in den USA bereits vor Zeiten des Internets gab. Mit den Möglichkeiten des Internets wird es für Systemzentralen, wie aber auch für ehemalige Franchisenehmer oder Andere viel einfacher geworden, positive wie negative Entwicklungen zu kommunizieren. Um es nicht aus der Hand zu geben, rät Rolf Kirst allen Franchisegebern: “Geht offen damit um!”

Transparenz ermöglicht gute Stories

Zudem ist es eine gute Chance zu erklären, was eigentlich passiert ist. Reduziert sich die Zahl der Franchisepartner oder Standorte von einem Jahr auf das nächste deutlich, muss es nicht zwingend ein negativer Grund sein. Jedes Franchisesystem wird irgendwann einmal einen Standort schließen müssen. Es können selbst so lapidare Gründe sein, wie eine große Baustelle, die Kunden davon abhält, ins Geschäft zu kommen. Das bedeutet noch lange nicht, dass das Geschäft an sich nicht profitabel wäre. Es haben sich lediglich die Rahmenbedingungen beim einzelnen Standort verändert. Andere Gründe kann ein schlechter Operator sein, oder die Scheidung des Inhabers mit Besitztumaufteilung oder vielerlei andere mögliche Gründe.

Transparenz gibt dem Franchisegeber die Möglichkeit dies zu erklären, und dem Franchise-Interessenten die Option nachzufragen.

”Anstatt den Franchisekandidaten die Sachen selber rausfinden zu lassen und dann ohne Kontext einen negativen Spin daraus zu machen, kann man direkt sagen, “hier, das ist passiert, weiß jeder und hier sind die Gründe.”

Eine Medaille für Misserfolg

Selbst wenn es tatsächlich keine anderen Gründe für eine Standortschließung gibt, als der unternehmerische Misserfolg, gehen beispielsweise Amerikaner damit völlig anders um, als Deutsche.

“Persönliche Insolvenz anzumelden ist in Amerika praktisch ein Kinderspiel. Das ist ganz einfach dort zu machen. Und es ist auch nicht unüblich, dass jemand etwas in den Sand gesetzt hat. Denn so viele Leute versuchen dort ein eigenes Geschäft aufzumachen. Ich glaube, 75% des Bruttoinlandsprodukts der USA basieren auf kleinen Geschäften. Sogenannte Small Businesses und da hat man fast schon eine Medaille gewonnen, wann man mal etwas in den Sand gesetzt hat. Denn es ist letzten Endes der Ausdruck von “ich habe etwas versucht, ich bin ein Risiko eingegangen, hat nicht geklappt, wir versuchen es weiter!” In Deutschland schaut man eher so darauf, dass die Person etwas falsch gemacht haben muss.”

Shownotes

Episode mit Rolf Kirst und Peter Schwarzer über Multi-Unit und Multi-Brand Franchising: https://www.franchiseuniversum.de/ratgeber-podcast/067/

Rolf Xirst bei Xing: https://www.xing.com/profile/RolfGerhard_Kirst/portfolio
Peter Schwarzer bei Xing:https://www.xing.com/profile/Peter_Schwarzer2/cv

Website FranchisePOOL International: https://www.master-franchise-international.com/index.asp

Erhalten Sie Experten-Knowhow im Newsletter!