Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Kommunikationswege in Franchise-Systemen

Waltraud Martius: Sehr
geehrte Chat-Teilnehmer, Paul Watzlawik, ein Kommunikationsexperte hat mal
gesagt:”Man kann nicht nicht kommunizieren!”. In diesem Sinne freue ich mich auf
viel Kommunikation mit Ihnen in den nächsten 2 Stunden. Ihre Waltraud Martius

Leser: Liebe Frau Mag. Martius, welche
Kommunikationswege haben sich in Franchise-Systemen besonders bewährt? Welchen
Beitrag leistet die moderne Informationstechnologie?

Waltraud Martius: In
Franchisesystemen sollte es einen Mix an Kommunikationswegen und
Kommunikationsinstrumenten geben. Die persönliche Beratung, das Gespräch durch
Partnermanager und Franchisemanager und Experten der Systemzentrale werden
ergänzt durch Instrumente wie Extranet, Wiki, Telefonkonferenzen usw. Die neue
Informationstechnologie hat Perfektionierung in die Kommunikation gebracht. Die
Verwendung derartiger Instrumente hebt die Kommunikation auf ein höheres Niveau.

Leser: Kann in Franchisesystemen ein ähnlicher
Kommunikations- bzw. Informationsstandard wie in Filialsystemen erreicht werden?
Ich stelle mir dies bei unabhängigen Partnern weit schwerer vor.

Waltraud Martius: Es kann sogar
eine besserer Informationsstand erreicht werden, wenn die Instrumente der
Kommunikation professionell genutzt werden, denn generell ist der selbstständige
Unternehmer mehr an den Erfolgsinstrumenten interessiert als der angestellte
Filialleiter.

Leser: Sehr geehrte Frau Mag. Waltraud
Martius, wie lassen sich die Bücher, Analysen denn verkaufen, und wie mache ich
die Werbung auf der Homepage dafür oder bekomme ich die gestellt? Was wäre es
für eine Einmalsumme, die zu zahlen ist??

Waltraud Martius: Das hängt vom
jeweiligen Franchisesystem ab. Die Know-How-Dokumentation (Handbuch) bekommen
Sie bei Vertragsunterzeichnung, dann gibt es meistens eine intensive
Einschulung, da lernen Sie alles, was Sie brauchen um ein erfolgreicher
Franchisenehmer des Systems zu werden. Auch Controlling & Benchmarking ist
eine Leistung der Zentrale. Die Homepage wird meistens zentral zur Verfügung
gestellt. Sie haben dann die Möglichkeit, Ihre individuellen Seiten zu
gestalten. Die Höhe der Einstiegsgebühr hängt wirklich von der Branche und dem
jeweiligen System ab. Für welche Branche interessieren Sie sich?

Leser: Welche Bedeutung hat das
Wissensmanagement im Franchising? Wie wird das Wissen aller Beteiligten in
Franchisesystemen gesichert und vermehrt?

Waltraud Martius: Die
Dokumentation des Know-hows ist eine wesentliche Kernleistung des
Franchisegebers in einem Franchisesystem. Da gibt es sogar “rechtliche” Vorgaben
in der offiziellen Definition von Franchising. Das Wissen eines Systems finder
der FN in den Handbüchern, in den Extranets und anderen Wissensdatenbanken und
Büchern, die den FNs leihweise für die Dauer der Partnerschaft zur Verfügung
getellt werden. Vermehrt wird das Wissen durch die Erfahrungen aller
Beteiligten, die wiederum in das System zurück fliessen.

Leser: Hallo Frau Martius: Wir wollen künftig
neue Betreuungsangebote für unsere Franchisenehmer anhand mehrerer Panels vorab
testen. Welche Fehler sollten wir dabei vermeiden?

Waltraud Martius: Zunächst müssen
die Betreuungsangebote genau definiert und auf die Bedürfnisse der Partner
abgestimmt sein. Da es offensichtlich schon FNs gibt, wäre es sinnvoll, einige
davon (Beirat?) in die Gestaltung der Betreuungsangebote einzubeziehen. Die
Auswahl der Pilotpartner sollte nach festgelegten Kriterien erfolgen und eine
breite Streuung der Unterschiedlichkeiten der FNs aufzeigen (z.B. alt/jung oder
Stadt/Land oder groß/klein).

Leser: Welche Themen werden im Zuge von
Zufriedenheitsanalysen bei den Franchise-Nehmern abgefragt?

Waltraud Martius: Zufriedenheitsanalysen sollten immer nur ein Teil einer
Partnerschaftsbilanz sein. Die FNs werden in Bezug auf die Qualität der
Partnerschaft, der erbrachten Leistungen der Franchisezentrale und in Bezug auf
die Beziehung zum FG und den anderen FNs befragt. Umgekehrt bewertet in einer
Partnerschaftsbilanz der FG jeden einzelnen FN in Bezug auf o.a. Themen, wie
eben Beziehung oder Umsetzung des Konzeptes am Standort / im Gebiet des FNs.
Aber auch Fragen in Bezug auf den Wiederabschluss des Vertrages sind in solchen
Analysen enthalten.

Leser: In welcher Weise verändert die moderne
Informationstechnologie die Kommunikation zwischen der Franchise-Systemzentrale
und den Franchisenehmern?

Waltraud Martius: Da in den
technischen Informationsmedien alle laufenden Informationen eingestellt werden
können, ist in funktionierenden Beziehungen damit die grundlegende Information
(z.B. wann findet die nächste Tagung wo statt?) abgedeckt. Dadurch kann die
Zusammenarbeit, die Gespräche, die Kommunikation auf eine “höhere Ebene”
gebracht werden. Gespräche beschäftigen sich dann nicht nur mit der Weitergabe
von Informationen wie oben angeführt, sondern beschäftigen sich mit den
Erfolgsfaktoren der Beziehung und des Konzeptes.

Leser: Ich interessiere mich für die Pegastar
Kinderbücher..könnten Sie mir stichpunktartig erklären wie das denn im großen
und ganzen ablaufen würde? Gibt es davon nicht schon zuviele??

Waltraud Martius: Diese Frage kann
ich Ihnen nicht beantworten, da ich Pegastar nicht kenne. Aber lassen Sie sich
bitte alle notwendigen Informationen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen für Ihr
Gebiet geben, damit Sie gut entscheiden können. Checken Sie bitte auch, ob das
System ein geprüftes Mitglied des Verbandes ist. Stichwort: Systemcheck. Und
reden Sie mit den anderen Franchisenehmern über deren Erfolg und Zufriedenheit
mit dem System.

Leser: Das mobile Internet steht dank Apple
wohl kurz vor dem Durchbruch. Welche Bedeutung messen Sie der mobilen
Kommunikation mittels iPhones etc. im Franchising bei? Erfordert die mobile
Kommunikation aus Ihrer Sicht eine Umgestaltung des Intranets?

Waltraud Martius: Ich denke, dass
das mobile Internet eine Ergänzung zu vorhanden Datenbanken in den Systemen sein
wird. Wissen muss nicht in jeder Sekunde verfügbar sein, sondern geordnet und
auffindbar. Und Partnermanager und FNs dürfen auch mal Pause machen.

Leser: Was halten Sie davon, das Intranet auch
für die Partnergewinnung einzusetzen? Nach der Erstinformation über das Internet
könnten wir die vertiefenden Informationen durch ein Login vor Mitbewerbern
schützen und je nach Rekrutierungsstufe für die Kandidaten freigeben.

Waltraud Martius: Davon halte ich
nichts, da Sie so den ohnehin schon kleinen Markt an Existenzwilligen
beschränken. Im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärungspflicht müssen Sie
sowieso alle Informationen über Ihr System offenlegen. Es gibt nichts zu
verheimlichen und nach der Phase des ernsthaften Interesses muss sowieso ein
persönliches Gespräch geführt werden.

Leser: Würden Sie sagen, dass sich die
verschiedenen Kommunikationswege auch nach der Phase der Partnerbetreuung
richten sollten? In welcher Phase würden Sie gegebenenfalls welche
Kommunikationswege bevorzugen?

Waltraud Martius: Das ist
sicherlich richtig. Gerade die persönliche Betreuung soll zu Beginn intensiver
sein. Aber auch die “alten Hasen” wollen beachtet werden.

Leser: Welche Beteiligung ist bei
Partnerbefragungen für ein aussagekräftiges Ergebnis erforderlich?

Waltraud Martius: Achtzig
Prozent!

Leser: Werden die eigenen Franchisenehmer in
die Erstellung von Partnerschaftsbilanzen bereits in der Konzeptionsphase
einbezogen?

Waltraud Martius: Ja, die
Fragebögen werden entweder mit dem Beirat oder ausgewählten FNs
ausgearbeitet.

Leser: Welches Maß der Zufriedenheit muss
erreicht werden, um die Anforderungen des Franchise-Verbandes zu erfüllen?

Waltraud Martius: Für die
ordentliche Mitgliedschaft ist ein Systemcheck des F&C Münster nötig. Da
wird nicht nur die Zufriedenheit der FNs gecheckt, sondern auch die Qualität der
Erbringung der Leistungen der Systemzentrale.

Leser: Nach meiner Erfahrung sind für
Geschäftserfolg und Partnerbindung die persönlichen Beziehungen zwischen
Franchisegeber und Franchisenehmer entscheidend. Ich möchte dem Partner in die
Augen sehen oder zumindest seine Stimme hören und das nicht nur in der
Startphase. Sind wir bei all dem technischen Kram nicht dabei, das Bauchgefühl
zu vernachlässigen?

Waltraud Martius: Hoffentlich
nicht, ich denke da wie Sie. Es geht eben nicht um entweder/oder, sondern um
sowohl/als auch. Die Technik für die banalen Informationen des Alltags und die
Softfaktoren für die Partnerbindung. Siehe dazu auch mein Buch “Fairplay
Franchising” (www.fairplay-franchising.com), das erste Buch, das sich mit den
Softfaktoren in Franchisebeziehungen beschäftigt.

Leser: Auf dem nächsten Deutschen
Franchise-Tag in Frankfurt soll meines Wissens auch das Thema ‚Twitter‘
behandelt werden. Sehen Sie für die Zukunft Einsatzmöglichkeiten auch in der
Partnerkommunikation?

Waltraud Martius: Nein, persönlich
sehe ich das nicht, da private Kommunikationswege für eine seriöse
Partnernanbahnung nicht verwendet werden sollten. Aber vielleicht zeigt die
Praxis in den nächsten Monaten und Jahren etwas anderes. Der Besuch des
Deutschen Franchisetages am 8.10. in Frankfurt zahlt sich auf jeden Fall aus.
Nicht nur weil ich dort einen Vortrag halte. 🙂

Leser: Das Angebot von F&C ist mir bereits
bekannt. Mir geht es darum, welches Maß an Zufriedenheit erreicht werden muss,
um Verbandsmitglied zu bleiben. Wenn selbst ein Global Player wie Subway sie
nicht erreicht, sind die Anforderungen dann für kleine Franchise-Systeme noch
erfüllbar?

Waltraud Martius: Aber ja
natürlich, ganz im Gegenteil, unsere Erfahrung in den letzten 20 Jahren
Franchiseberatung hat gezeigt, dass die mitelständisch etnwickelten
Franchisesysteme wesentlich besser reüsieren als manche Global Player.

Leser: Die Bewertung von Franchisesystemen
wurde in diesem Chat mehrfach angesprochen. Welches sind umgekehrt die
wichtigsten Kriterien zur Bewertung von Franchise-Nehmern?

Waltraud Martius: In den
Partnerschaftsbilanzen, die wir für unsere Klienten durchführen, sind es u.a.
folgende Bereiche: Partnerschaft, Beziehung zur FZ und den anderen FNs,
Unternehmerische Fähigkeit, Führungsqualitäten, Umsetzung des Betriebstypes,
Zusammenarbeit mit der FZ, Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit,
Wiederabschluss des Vertrages, Selbstständigkeit, Engagement in der
Weiterentwicklung des Systems, usw. Meistens sind es zwischen 60 und 80 Fragen,
welche die einzelnen Mitarbeiter der Zentrale zu jedem einzelnen FN beantworten.
Die Auswertung erfolgt anonym über alle Partner.

Leser: Empfehlen Sie Franchise-Systemen den
Eintrag des Unternehmensprofils in Facebook und andere soziale Netzwerke? Raten
Sie Ihren Kunden überhaupt zur Nutzung sozialer Netzwerke für die
Partnergewinnung und Kommunikation?

Waltraud Martius: Nein.

Leser: Werden die Franchise-Nehmer über die
Ergebnisse der Partnerbewertung informiert?

Waltraud Martius: Ja, sowohl
Partnerbefragung und auch das Gesamtergebnis der Partnerbewertung wird bei
Tagungen präsentiert. Dann werden Arbeitsgruppen gebildet um Maßnahmen
festzulegen, die zu einer Verbesserung auf beiden Seiten führen soll. Die
Partnerschaftsbilanz (Betonung auf Bilanz) ist ein tolles Instrument zur
Weiterentwicklung eines Systems und zur Stärkung der Bindung der Partner.

Leser: Wir suchen eine ausgereifte
Online-Lösung, um mit unseren Franchise-Nehmern ungestört und sicher in
verschiedenen Chatrooms diskutieren können. Möglichst unter Einbeziehung von
Webcams und Powerpoint. Haben Sie einen Tipp für uns?

Waltraud Martius: Nein, leider, da
ich technisch nicht bewandert bin. Aber solche Instrumente gibt es schon
standardmäßig, da viele Systeme diese Technik nutzen. wenn Sie möchten, kann ich
unsere Klienten mal fragen, welche Technik sie benutzen. Schreiben Sie mir
einfach eine mail.

Leser: Warum nicht?

Waltraud Martius: Weil es meiner
Meinung nach ein privat zu nützendes Instrument ist und zu niveaulos für die
Suche von langfristig anhaltenden Partnerschaften. Und die Qualitätskontrolle
erscheint problematisch. Aber auch hier wird sich vieles weiterentwickeln.

Leser: Sehen Sie nicht die Gefahr, dass
negative Ergebnisse bei einer Partnerbewertung zu Frust und Demotivation im
Netzwerk führen?

Waltraud Martius: Nein, ganz im
Gegenteil! Es tut auch den FNs mal gut zu sehen, dass die Zentrale nicht immer
zufrieden ist, oder bei guten Ergebnissen Lob verteilen kann. Gerade die
Frage:”Würden Sie mit dem Partner den FV wieder abchließen”, wenn diese Frage in
der Summe unter 100% liegt, dann fangen auch die FNs an nachzudenken, was Sie
verändern müssen, damit sie “geliebt” werden. Natürlich braucht so eine
Partnerschaftsbilanz viel Fingerspitzengefühl und wertschätzenden Umgang mit
Kritik und Ehrlichkeit.

Leser: Ich sehe derzeit die Gefahr der
Überforderung unserer Franchise-Partner durch die Informationstechnologie. Ich
meine damit nicht allein die technischen Fertigkeiten, sondern die zunehmenden
Anforderungen an Eigeninitiative und Selbstverantwortung. Wie bringen wir
langjährige Franchisenehmer zu der notwendigen Verhaltensänderung?

Waltraud Martius: Das ist eine
gute Frage. Ich denke nur durch Vorleben und immer wieder aufzeigen, dass
lebenslanges Lernen (überlebens)-notwendig ist.

Leser: Besten Dank für Ihre Stellungnahmen,
wenn ich auch Ihre Meinung zur heutigen Bedeutung sozialer Netzwerke im
beruflichen Umfeld nicht teile.

Waltraud Martius: Ich beschäftige
mich derzeit gerade damit und vielleicht ändere ich bald meine Meinung. Warum
denken Sie, dass diese Netzwerke nutzbar sind??

Leser: Bei der von mir angesprochenen
Überforderung geht es u.a. darum, dass unsere Franchise-Partner im Intranet und
anderen IT-Tools selbst aktiv werden müssen, anstatt alles von der Zentrale
vorgekaut und schluckferig serviert zu bekommen. Da hilft das Vorleben m.E.
nicht viel, es geht um eine Veränderung der Einstellung.

Waltraud Martius: Dann sollte es
vielleicht mehr Schulung geben, wie die Partner damit umgehen müssen und was
alles möglich ist. Und tolle Erfolgsbeispiele sollten kommuniziert und
vielleicht prämiert werden. Auf jeden Fall gezeigt werden bei Tagungen….

Leser: In Zukunft werden einzelne Plattformen
wie Facebook das Internet und die Kommunikation zwischen Unternehmen und
Endverbrauchern dominieren. In den USA erkennen immer mehr Unternehmen das
Potential und nutzen diese neuen Kommunikationswege. Twitter ist übrigens ideal,
um über neue Produkte zu informieren. Warum sollte es im Franchising nicht auch
klappen?

Waltraud Martius: Ich denke, dass
die Darstellungsformen zu gering sind, denn mit wenigen Sätzen ist eine
Partnerschaft nicht erklärt, oder???

Leser: Lässt sich anhand systematischer
Partnerbewertungen das Franchisenehmer-Idealprofil herausfiltern, das wiederum
die Gewinnung qualifizierter Franchisenehmer erleichtern könnte?

Waltraud Martius: Ja, das ist
denkbar, wenn auch viel Arbeit.

Leser: Da haben Sie hinsichtlich Twitter
recht! Aber der Kontakt kann hergestellt und Interesse geweckt werden. Für die
Vertiefung gibt es andere Tools, z.B. Facebook.

Waltraud Martius: Alle diese
Instrumente sollten dafür genützt werden, um Interesse zu wecken und dann auf
der systemeigenen Rekrutierungs-website oder in Franchiseportalen wie diesem
strukturiert Informationen geben zu können.

Waltraud Martius: Liebe
Chatteilnehmer, danke für ihre Fragen und ihre Beiträge. Und wenn Sie mir eine
mail senden, dann schicke ich Ihnen gerne , sozusagen als Geschenk von SYNCON
und dem FranchisePORTAL mein neuestes Buch “Fairplay Franchising”. Weiterhin
viel Erfolg und eine gute Kommunikation, Ihre Waltraud Martius

Waltraud Martius
SYNCON International Franchise Consultants

Waltraud Martius ist Franchise-Beraterin und Mitbegründerin des Österreichischen Franchise-Verbandes (ÖFV). Außerdem ist sie Mitherausgeberin und Autorin mehrerer Bücher über Franchising.

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